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»There Is A Light That Never Goes Out…«

flutlicht

»So wie in den letzten beiden Spielen dürfen wir nicht mehr auftreten.
Es muss unbedingt eine Besserung eintreten.«

– Aaron Hunt
»One step forward, two steps backward.«
– Max Romeo

»Take me out tonight…«

Eigentlich hätte alles so schön sein können: Bestes Fußballwetter, Englische Woche, endlich wieder ein Flutlichtspiel im Weserstadion — »Fast wie früher!«, war man versucht zu denken. Dazu kam vier Tage nach der Pleite gegen Freiburg das Versprechen von Spielern und sportlicher Leitung, Lehren aus der Partie gezogen zu haben und wieder einen überzeugenderen Auftritt hinlegen zu wollen, mithin: sich aufs defensive Kerngeschäft zurückzubesinnen. Aber es kam anders. Werder kassiert zwei Gegentore in den ersten zehn Spielminuten, steigert sich nach Prödls Anschlusstreffer in der 15. Spielminute etwas, bleibt summa summarum aber auch weiterhin schwach: Das Sturmduo di Santo / Petersen war nicht existent. Und defensiv war’s wackliger als zuletzt zu hoffen war. Im Großen und Ganzen sind die Befunde aus den letzten Partien gegen Stuttgart und Freiburg noch aktuell (außerdem ist die Analyse in der aktuellen Folge des Grün-Weiß-Stammtischs sehr hörenswert). Für einen ausführlichen Spielbericht verweisen wir auf die Analyse der Herren von der Spielverlagerung.

»Oh, please don’t drop me home.«

»Wir sind nicht tot und haben alle Möglichkeiten in der eigenen Hand.«
– Thomas Eichin
»Oh, there is a Light and it never goes out…«
– The Smiths

stadionDas Fass »Trainerdiskussion« wollen wir an dieser Stelle gar nicht aufmachen (das tun implizit Steffen bei »HB-People« und Andreas im »Werder-Exil«). Keine Frage: Dutt hätte früher wechseln und Aycicek für Petersen bringen müssen, ja. Gerne ab der Halbzeitpause. Und auch am Freitag fand ich das Spiel eher in Details fehlerhaft. Für pauschalisierende Aussagen sind diese Kritikpunkte und die letzten Spiele jedoch ungeeignet. Klar: Der zwischenzeitlich für Entspannung sorgende Abstand auf die Abstiegsränge ist merklich geschrumpft, Werder ist im Keller wieder mit dabei und man wird wieder nervöser auf die Resultate der Konkurrenz schielen müssen.
Das ist fraglos bitter, aber genauso absehbar war es auch. Schon zu Saisonbeginn war klar, dass man Werder zum engeren Kreis der Abstiegskandidaten zählen muss und dass die Mannschaftsentwicklung zum Geduldsspiel werden wird; spätestens nach den ersten Spielen der Rückrunde hätte auch der Letzte verstanden haben können, dass in dieser Saison spielerisch nichts zu holen sein wird. Das ist nicht neu. Völlig unverständlich ist uns der Ruf nach einem »Feuerwehrmann«, mit dem kurzfristig der Klassenerhalt zu sichern sei. Die potentiellen Risiken einer Trainerrochade überwiegen ihre Chancen bei weitem. Wenn die vielzitierte »Wettkampfmentalität« das einzige Pfund ist, mit dem Werder derzeit wuchern kann, dann ist es von unbedingter Wichtigkeit, diese nicht auch noch zu riskieren. Ohne Schönfärberei betreiben zu wollen: Werders Spiel war auch zwischen Minute 15 und 80 nicht ansehnlich – aber es gab in dieser Spielzeit schon Schlimmeres zu sehen: »Wenn wir uns den ganzen Tag Sorgen machen würden, dann würde das eher hemmen, als es helfen würde«, gab der Kapitän Clemens Fritz nach seinem undankbaren Comeback zu Protokoll und auch Sebastian Prödl ließ die Medienvertreter wissen, dass »es nur noch mehr Fehler gäbe«, wenn man sich jetzt Sorgen machen würde. Die Mannschaft muss den Kampf wieder entschiedener annehmen, ihre Anhänger sie weiterhin unterstützen. Auch wenn es mitunter schwerfällt.

»On a train…«

»I’m on a train
watching this fire.
And all entertainment fails,
I’m on a train.

– Eskobar

Und so sitzt man im letzten Zug zurück nach Hambourg und versucht die Gespräche der Mitreisenden zu überhören (»Dutt muss weg«). Trotz gutem Trainings in der Kurve funktioniert das nur bedingt – und die Aussicht auf den digitalen Nachklapp dieser Debatte lässt die Stimmung noch einmal sinken. Und wenn Du glaubst, dass der Abend gelaufen sei, bleibt Dein Nahverkehrszug für 15 Minuten irgendwo im Nirgendwo stehen. Und lässt auch das letzte bisschen Hoffnung in der Frage schwinden, ob die letzte S-Bahn wohl noch zu erreichen sei. Nebenan beschwert man sich mittlerweile über den neuen deutschen Meister (unser Spiel war ja nicht das einzige 1:3 des Abends…) und dessen vermeintliche Langeweile. Und so realisierst du, während Du müde und mit leerem Blick in die Dunkelheit starrst, dass es eben diese Abende sind, die die notwendige Kontrastfolie für all die schönen Erlebnisse mit dem Fußball bieten. Abende wie heute sind die Bedingung der Möglichkeit des nächsten exzessiven Freudentaumels. Wer will schon immer gewinnen?

Und als Fan (gerade als Werder-Fan) muss man sich die Wirklichkeit ja eh irgendwie zurechtbiegen… – das Licht geht nicht aus. ALLEZ LES VERTS!

Foto: B. Radzun / Flickr (cc). Danke!

6 Kommentare

  1. Auch hier die für mich entscheidende Frage: welche der Ankündigungen von Dutt zu Saisonbeginn bzw. zur Winterpause sind eingetreten?

    Die Rede war davon, zunächst die Abwehr stabiler zu gestalten und die Rückwärtsbewegung zu verbessern, um sich dann der anderen Baustellen zu widmen. Trotz einiger Zunullspiele kann ich Fortschritte nicht wirklich erkennen, teilweise eher Rückschritte… und spätestens nach dem Bayernspiel wird die Torbilanz wohl nicht mehr nur die zweitschlechteste der Liga sein (Zahl der Gegentore…).

    Die Qualität der Spieler ist übrigens nicht nur Ursache der debakulösen Leistungen; oh, wir haben nämlich teilweise richtig gute. Bis auf Prödl zeigt die Leistungskurve bei den meisten leider massiv nach unten. M.E. ist Juno ein gutes Beispiel, der bei Werder einst stark begann, dann aber im vom Wahnsinn befallenen Irrsinn ebenso untergeht.

    Die Frage ist gestellt: welche Ankündigungen also? Eben.

    • spe

      Lieber Michael,

      es ist nicht meine Schuld, wenn Du keine Fortschritte siehst. Es sind bisher auch nicht die großen und Aufmerksamkeit erregenden Veränderungen angegangen worden, sondern Dutt und sein Team mussten (und müssen weiterhin!) Grundlagenarbeit liefern. Dass sie hinter dem angekündigten Zeitplan hängen: Offensichtlich. Ob sie die anstehende Arbeit unterschätzt oder die eigene Kompetenz überschätzt haben? Keine Ahnung. Dass da aber kontinuierlich gewerkelt wird, ist deutlich zu sehen: Ich rufe zum vorletzten Spiel die Sachverständigen von der Spielverlagerung in den Zeugenstand:

      »Das Ballbesitzspiel sieht durchaus vielversprechend aus, die Abläufe in der Tiefe deuten Potential an und auch die grundlegenden Gesamtstrukturen funktionieren teilweise. Es fehlt nur daran, dies alles bis ins letzte Drittel richtig auszuspielen und dort über eine klare Offensivanlage durchschlagende Szenen heraufbeschwören zu können. Hier hat es Dutt allerdings auch vom Kader her nicht so einfach – kreative Zwischenraumspieler, solche, die für konstant durchstoßende Läufe sorgen, und insbesondere Antreiber fehlen, wohingegen einige tiefe Passakteure und vor allem viele balancierende oder anpassende Typen für die hinteren Bereiche zur Verfügung stehen.«

  2. Wir haben letztlich Konsens. Dissens nur darin was wir unter dauerhaften Fortschritten verstehen, vielleicht… Entscheidend ist für mich, dass ein wirklich KONSTANTER Fortschritt fehlt. Die letzten Spiele waren schlechter als das Niveau des ersten Spieltags. Seufz.

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