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»Il male, il brutto, il cattivo«

schal

»I was back with the feeling, much deeper and much more frightening this time,
that I was chained to the club, and thus to this miserable half-life, forever.« 

(Hornby)

Es folgt ein Text, den es ursprünglich nicht geben sollte. Denn gestern Abend überlegten wir kurz, ob man es der Mannschaft nicht gleichtun solle und künftig nach so offensichtlicher Arbeitsverweigerung auch die Nachberichterstattung einstelle. Insbesondere, wenn es eigentlich nichts zu sagen gibt. Aber eine sonderbare Mischung aus Frustbewältigung und Selbstkasteiung – wohl ein sehr protestantisches Phänomen – lässt uns das nur angedachte Schweigen gleich wieder brechen.

Il male…

»Light up gold was the colour
of something I was looking for.«
(Parquet Courts)
»Wir haben den Platz groß gehalten anstatt ihn klein zu machen und so Druck auszuüben.«
(Dutt)

Dabei ist Werder Bremens schlechteste Mannschaftsleistung seit dem Debakel in Augsburg schnell zusammengefasst: »Das war hinten nichts, in der Mitte nichts und vorne nichts«, gab ein sichtlich konsternierter Thomas Eichin nach Spielende zu Protokoll. Damit wäre eigentlich alles gesagt. Die Tendenz aus der Partie gegen Stuttgart bestätigte sich: Werders Spiel ist offensiv erschreckend harmlos und die Raute nach den letzten Auftritten leicht auszurechnen.
Die Mannschaft wurde wieder mit den eigenen Waffen geschlagen: Die Freiburger standen (bis auf wenige Ausrutscher) defensiv kompakt und Werder überließ ihnen bereitwillig Räume zu schnellen Vorstößen. Das Pressing der Grün-Weißen wirkte halbherzig und unkoordiniert, die Laufwege und das Passspiel streckenweise unfreiwillig komisch. Und auch das spielerisch letzte Mittel, lange Bälle ins vordere Drittel, blieb folgenlos. Die Konsequenz: Freiburg konterte gnadenlos.
Insgesamt machte der Auftritt der Mannschaft einen sehr kraftlosen Eindruck, der auch die von Robin Dutt häufig als Minimalbedingung geforderte Wettkampfmentalität vermissen ließ. Ein ebenso erschreckendes wie enttäuschendes letztes Kapitel der vielzitierten »Wochen der Wahrheit«.

… il brutto …

»Wir sind wieder mitten im Abstiegskampf. Wir waren auch vorhin nicht davon befreit.«
(Petersen)
»Vielleicht war sich der eine oder andere auch schon zu sicher.«
(Hunt)

Auch die Individualleistungen waren über weite Teile der Partie mangelhaft – alles in allem noch mal zwei Tendenzen schlechter als im gerade noch ausreichenden Spiel gegen den VfB Stuttgart. Die Herausnahme Nils Petersens ist vor dem Hintergrund seiner letzten Leistungen verständlich. Für ihn kam Cedric Makiadi auf links auf den Platz, Aaron Hunt fungierte (auf verschenkter Position) als Sturmpartner Franco di Santos. Ludovic Obraniak, als Zehner zentral positioniert, blieb über die gesamte Partie mehr als blass.
Robin Dutt ließ sein zuletzt gelobtes glückliches Händchen vermissen. Auch wenn wir nicht so weit gehen wollen wie Kollege Burning Bush bei #werder2013, der von einem »vercoachten Spiel« schreibt, fehlte dem Cheftrainer bei seiner Rückkehr an die alte Wirkungsstätte die reaktive Souveränität. Er ließ die Mannschaft in eben jene Falle laufen, die sie zuletzt selbst so überzeugend aufzustellen wusste: Die Raute wurde immer wieder auseinander gezogen und die Freiburger wussten die entstehenden Räume effizient zu nutzen. Der Wechsel von Formation und Personal kam gestern gefühlt viel zu spät. Weniger wäre in Freiburg sprichwörtlich mehr gewesen; und so ist Lars vom Werderblog beizupflichten, der sich dieses »einfache Spiel, das weder schön noch spektakulär aussah« auch für gestern gewünscht hätte.

… il cattivo.

»Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.«
(Tractatus, Abschnitt 7)
»You can’t write if you can’t relate.«
(Beck)

Was bleibt? Der Abstiegskampf hat uns wieder. Wir gehen davon aus, dass in den nächsten Tagen noch die eine oder andere gründliche Aufarbeitung – zuvorderst etwa die Analyse der Spielbverlagerung (»Bremen hat eine Balancespielerarmee, aber niemanden, der sie kommandiert«) – der Partie in den einschlägigen Blogs veröffentlicht werden wird. Wir werden die Artikel hier nachträglich verlinken – uns reicht es für dieses Wochenende.
Schon am Dienstag werden die Karten unter Flutlicht im Weserstadion neu gemischt. Wir sehen uns dort. Allez les Verts!

Postscriptum

Wir verweisen bis dahin auf zwei weitere aktuelle Artikel in unserem Blog: Zum einen könnt Ihr mit uns und unseren Lesern noch über Verträge diskutieren, zum anderen wurde einer unserer Artikel bei fokus-fussball.de zur Wahl des »Fußballblogbeitrags des Monats« nominiert – nachzulesen hier.

6 Kommentare

  1. Eigentlich wollte ich mich übers Wochenende keine Sekunde mehr mit diesem Spiel beschäftigen. Da hat mir mein Feedreader – in Kombination mit Undiszipliniertheit – leider einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich schreibe hier auch lediglich, weil ich mich über den Link zu den wunderbaren Parquet Courts gefreut habe. Eine sehr gute Ablenkung.

  2. Pingback: »There Is A Light That Never Goes Out…« | vert et blanc

  3. Pingback: SVW-Blogschau No. 8 | #hashtagmafia

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