In Stuttgart avancierte Mehmet Ekici mit zwei Toren zum grün-weißen Matchwinner: »Ekici ist angekommen« (Weser-Kurier), er zahle »den Kredit zurück« (Kreiszeitung), er habe sich »vom Fehleinkauf zum Spielentscheider« (Welt) gemausert. Und die 11Freunde wähnen Ekici schließlich schon in einer Reihe mit »Micoud, Diego, Mesut Özil«.
Grund genug, zwei Gänge herunterzuschalten. Nüchtern betrachtet lässt sich festhalten: Schon unter der Ägide Dieter Heckings beim 1. FC Nürnberg wusste Ekici auf den Außenbahnen zu überzeugen – wenn auch bevorzugt auf der rechten Seite. Thomas Schaaf positionierte ihn am Samstag wie schon im Spiel gegen Hannover auf links und nicht als jener klassischer Spielmacher, als welchen ihn der Trainer nach dem Wechsel an die Weser in die Raute zu integrieren versuchte. Eljero Elia ersetzte rechts den gegen Hannover zunächst gesperrten und in Stuttgart dann verletzten Marko Arnautovic. Nach Ekicis ansprechender und vielgelobten Leistung im Spiel gegen Stuttgart sieht sich Schaaf nun mit der kniffligen Frage konfrontiert, wie er auf die zu erwartende Rückkehr Arnautovics zu reagieren hat. Schenkt man Schaafs Aussagen Glauben, denen zufolge ein Verzicht auf Ekici in der Startelf gegen Stuttgart keine Option gewesen sei (»Memo stand nach der Partie gegen Hannover 96 nicht zur Diskussion«, Quelle), dürfte folgerichtig eine Nichtberücksichtigung Ekicis (Passquote 57%, 35 Ballkontakte, 30% gewonnene Zweikämpfe) im nächsten Heimspiel gegen Freiburg ebenfalls nicht zur Debatte stehen. Was bedeutet die Personalie und der allseits gerühmte Wettbewerb um die Plätze in der Startelf für Elia (Passquote 77%, 32 Ballkontakte, 40% gewonnene Zweikämpfe) und Arnautovic (keine aktuellen Statistiken, er bestritt sein letztes vollständiges Spiel für Werder in der Hinrunde gegen Nürnberg)?
Elia rechts, Ekici links / Elia links, Ekici rechts?
Für diese Variante spräche Schaafs Tendenz zu Kontinuität und sein Hang, ein siegreiches Team ohne Not nicht zu verändern. Kurzfristig wäre die Option denkbar – kurzfristig heisst dabei: maximal für das nächste Spiel. Ob sich ein genesener Arnautovic mittel- oder längerfristig mit einem Platz auf der Bank arrangieren kann, sei hier einmal dahingestellt. Eine dauerhaft tragfähige Option wäre das Flügelduo Elia/Ekici nach derzeitiger Einschätzung vermutlich nicht.
Arnautovic rechts, Ekici links?
Zum jetzigen Zeitpunkt wäre diese Kombination meine bevorzugte Variante. Problematisch ist allerdings, welches Signal diese Wahl für Elia bedeuten würde – der gegen Hannover ein großartiges und gegen Stuttgart ein immerhin solides Spiel lieferte. Ihn gegen Freiburg aus der Startelf zu nehmen würde nicht zur letzten Entwicklung in der Formkurve des Niederländers passen.
Elia links, Arnautovic rechts?
Der Hinrunden-Standard, Ekici müsste hierbei wieder mit einem Platz auf der Bank Vorlieb nehmen. Für ihn wäre die Rückkehr zur Elia/Arnautovic-Flügelzange vermutlich ein fatales Zeichen. Mehr noch als bei der ersten Variante müsste Schaaf aber den Leitsatz »Never change a winning team« gelten lassen – unterm Strich und zum jetzigen Zeitpunkt für mich die schlechteste Variante.
Ekici kann beide Außenseiten bespielen. Über Elia bemerkte Schaaf unlängst Ähnliches (»Elli ist gar nicht so festgelegt auf eine Seite. Mit seinen Fähigkeiten kann er überall spielen, auch in der Zentrale.«, Quelle) und auch Arnautovic gab Selbstbewusstes zu Protokoll: »Ich kann vorne alles spielen« (Quelle). Damit ist theoretisch jede Kombination möglich.
Vermutlich wird zusätzlich eine Rolle spielen, ob und wie Zlatko Junuzovic am kommenden Spieltag zur Verfügung stehen wird. Zum jetzigen Zeitpunkt wird spekuliert, dass der Österreicher zur Wochenmitte wieder ins Mannschaftstraining einsteigen wird (Quelle). Ein vermeintlich salomonisch urteilender Trainer könnte Ekici dann ins defensive Mittelfeld beordern – aus der Ferne wäre das allerdings eine zweifelhafte Wahl.
Postscriptum.
Ekicis Freistoß ist zum Treffer des Spieltags nominiert.
Hier könnt ihr für den Treffer stimmen.
Entscheidend dürfte dabei auch sein, wie Schaaf zukünftig auf den Flügeln agieren will. Zurück zum System der Hinrunde mit weiten Flügelstürmern oder die zuletzt erfolgreiche engere und flexiblere Variante beibehalten? Ekici hat ja keinen wirklichen Außenstürmer gespielt. Gegen Hannover wurde ständig rotiert, da konnte man kaum eine klare Position festmachen. Gegen Stuttgart war es etwas schematischer, allerdings hat Ekici in der zweiten Halbzeit mit de Bruyne getauscht und halbrechts im Mittelfeld gespielt.
Wenn Schaaf zurück zum Hinrundensystem will, sobald wieder alle fit sind, ist Ekici keine sinnvolle Option für den Flügel. Er hat sein Stärken eher, wenn er einrücken kann und mit den Dreien in der Mitte kombiniert. Wenn nicht, wird es wirklich spannend, weil dann endlich ein Konkurrenzkampf auf der Außenbahn entsteht und man je nach Form und Gegner variieren kann. Arnautovic wäre die direkteste Variante, Ekici die spielstärkste, Elia die unberechenbarste. Dazu noch Yildirim in der Hinterhand.
Hej. Ich hoffe natürlich weiterhin auf die aktuelle Interpretation, weil ich das Gefühl habe, dass die Mannschaft damit etwas weniger ausrechenbar ist. Dass man so mit Ekici einen weiteren Kandidaten für die Flügel zur Verfügung hat, ist da nur eine zusätzliche Variable in der Rechnung. Entscheidend ist wohl, dass Ekici Raum zur Verfügung hat – für die weiter ausgelegte Variante der Hinrunde, als klassischer Flügelstürmer, fehlt ihm wohl vor allem das nötige Tempo. Ein Offensiv-Dreieck aus Hunt, Petersen und Ekici über links find‘ ich nach den letzten Spielen ziemlich attraktiv… so langsam ergibt dann auch Schaafs sich von Partie zu Partie tastende Stückwerk-Lehre Sinn.
Auf welche Variante tippst Du gegen Freiburg?
Wenn alle fit sind, glaube ich, dass Schaaf auf die gleiche Startelf wie zuletzt setzt und Arnautovic von der Bank kommt. Gegen Stuttgart war das ja anscheinend auch schon geplant, als Arnos Ausfall noch nicht fest stand. Eigentlich eine perfekte Situation für den Trainer: Ekici und Elia können weiter Selbstvertrauen sammeln und wenn einer von beiden gegen Freiburg nicht funktioniert, hat er einen hochmotivierten Arnautovic in der Hinterhand.
Ich stimme Dir zu. Und traue dem ganzen Braten auch nicht genug, um weiter als zum jeweils nächsten Spiel zu denken – und genau so wie Du schreibst könnte es klappen. Ähnliches befindet heute dann übrigens der Weser-Kurier: »Dann nämlich hätte Trainer Thomas Schaaf ab sofort drei Bewerber für zwei Flügelpositionen, also einen Kandidaten zu viel. Und so lange Werder erfolgreich ist und Ekici und Elia ihre Sache gut machen, hat der Trainer eigentlich keinen Grund, seine Formation zu verändern.« Und Arnautovic? Der nimmt’s erst einmal sportlich, wie die Kreiszeitung zu berichten weiß: »Ich werde alles geben, dann wird sich zeigen, wer spielt. [Mehmet] ist ein großes Talent. Werder hat nicht umsonst fünf Millionen Euro für ihn bezahlt.«
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