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Ratlosigkeit

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»Wenn ›Lebenslang grün-weiß‹ mal wieder nach einem Bekenntnis
und weniger nach ’nem Strafmaß klänge…«

@vertblanc, (20. April 2013)

Der SV Werder Bremen macht es sich selbst und seinen Anhängern dieser Tage nicht leicht. Mit erschreckender Regelmäßigkeit folgt Woche um Woche auf ein Desaster das nächste. Trotzdem blieben bisher Spuren der Hoffnung. Hoffnung auf eine Wende, auf Besserung. Wie ist das gegen alle Evidenz möglich? Okay, dass es bei der Leidenschaft für Fußball in den seltensten Fällen rational zugeht, muss nicht eigens betont werden. Vielleicht ist es nicht einmal ungewöhnlich, dass nach jedem verkorksten Spieltag irrationale Hoffnungen aufflackern – deren Niveau sich allerdings über die Dauer der Rückrunde dem Auftreten der Mannschaft anglich. Wir sind bescheiden geworden: Wollte man noch zu Beginn des Jahres die Hoffnung auf eine Qualifikation für den internationalen Wettbewerb nicht so recht aufgeben, ging es im Verlauf der Spielzeit mehr und mehr um den schlichten Wunsch nach einem ordentlichen Auftreten und einer angemessenen Leistung unserer Mannschaft. Man arrangierte sich mit Remis oder freute sich schon, wenn einem eine hohe Heimniederlage erspart blieb. Aber damit nicht genug: Neuerdings zittert man vorm Abstieg. Was bis vor kurzem weder zum Bremer Selbst- noch Fremdbild zu passen schien, ist vier Spieltage vor Ende der Saison ein nicht unrealistisches (Schreckens-) Szenario geworden. Entsprechend konsterniert ertappt man sich beim wiederholt-nervösen Herumspielen mit dem Tabellenrechner des Kickers. Die Euphorie hält sich dabei in sehr engen Grenzen. Und doch bleibt die Hoffnung, Werder könne das Schicksal der Zweitklassigkeit erspart bleiben: »Well, you live in hope, don’t you?«, zitierten wir kurz nach Ende der erschütternden 0:3 Heimpleite gegen den VfL Wolfsburg Nick Hornby. Die Hoffnung  – die bekanntlich zuletzt stirbt – wird derzeit eigentlich nur noch genährt durch den Umstand, dass auch alle direkten Konkurrenten Werders die im Kampf gegen den Abstieg dringend benötigten Punkte liegen ließen. An der Weser scheint sich Ratlosigkeit breit zu machen, wenn man die Aussagen von Thomas Schaaf, Thomas Eichin und den beteiligten Spielern zu Grunde legt. Auch die Bremer Presse scheint ratlos und ergeht sich in Spekulationen (die Hamburger Presse erdichtet sich derweil übrigens vermeintliche Fakten).

Hoffnung

Abb.1: Hoffnung (Heiko Schulze-Version).

Wir sind auch ratlos. »The natural state of the football fan is bitter disappointment«, meinte Hornby weiter. Und so sehr wir generell eine sanfte Dosis Melancholie zu schätzen wissen und akut wohl besser denn je besagten Naturzustand nachvollziehen können, unterm Strich bleibt die gegenwärtige Lage unbefriedigend. Wie ist mit dieser Unzufriedenheit umzugehen? Wohin lässt sie sich (bestenfalls produktiv) richten? Von wem ist sie fernzuhalten? Auch, um gegebenenfalls nicht alles noch viel, viel schlimmer zu machen? Wir haben niemals, weder in Gesprächen unter Anwesenden noch hier im Blog oder sonstwo im Internet, ein schlechtes Wort über Thomas Schaaf und seinen Trainerstab verloren. Im Gegenteil, wir waren stets bemüht, unsachliche Kritik am Cheftrainer unbedingt zurückzuweisen. Und auch bei kritischen Diskussionen mit Sachkenntnis und Augenmaß (wie sie etwa beim Grünweiß-Podcast die Regel sind) waren wir stets versucht, »Ja aber…« zu sagen und der diffus-versöhnlichen Hoffnung Raum zu geben, es würde sich schon alles wieder gut werden. Mit dem Trainer, der so Unvergleichliches leistete für den Verein, den wir lieben. Der nach dem Bekunden seines Umfelds wie ein Besessener arbeitet. Wir werden nicht einstimmen in den allgegenwärtigen Schwanengesang; wir werden nicht gegen Thomas Schaaf schreiben.
Aber wir beobachten, wie in bislang nicht gekannter Vehemenz und zu gleichen Teilen Ratlosigkeit und Enttäuschung an die Stelle der Hoffnung getreten ist. Es drängt sich der Gedanke auf, dass die Einsicht in die Ungewissheit der Zukunft Werders die erste realistische Perspektive seit Jahren ist. Wir werden sehen.

Lebenslang grün-weiß!

Kurven-Foto: GW Griffins.
Rettungsring: via Haifischbecken.

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