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Wahrheitswochen und andere Unwahrscheinlichkeiten

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»I ain’t happy, I’m feeling glad. I got sunshine, in a bag.«
(Gorillaz)
»Ich habe ihm gesagt, dass ich eingefädelt habe. Ich habe instinktiv den Kontakt gesucht, aber auch gesehen dass der Nürnberger zurückziehen wollte. Ich hatte mit mir zu kämpfen, aber ich habe richtig entschieden. So wollen wir keine Spiele gewinnen.«
(Aaron Hunt)

Wenn das nun also die vielbeschworenen »Wochen der Wahrheit« sind, dann handelt es sich, Stand jetzt, um eine recht bequeme Wahrheit: Werder schlägt den FC Nürnberg auswärts mit 2:0, hat damit viermal in Folge nicht verloren, dreimal zu Null gespielt und zweimal gewonnen. Und kassiert sieben Punkte aus den ersten drei Begegnungen mit der direkten Konkurrenz im Abstiegskampf (mit Stuttgart und Freiburg folgen zwei weitere). So weit, so gut.

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Abb. 1: Kurve.

Mit dem Auftritt am Samstagabend bestätigt Werder den Eindruck der letzten Partien. Robin Dutt setzt dabei auf Pragmatismus und Effizienz: Die Mannschaft überzeugt vor allem durch Kampfgeist und Zweikampfbereitschaft. Und auch in der Defensive sah das gestern größtenteils wieder überzeugend aus: Werder (mit Mittelfeldraute und zwei Stürmern) startete sehr tief stehend und abwartend. Gegenüber der Nordderby-Startelf gab es nur eine Veränderung zu verzeichnen, Luca Caldirola ersetzte den verletzten Santiago García (Innenbandriss im rechten Knie) als Linksverteidiger.
Auch spielerisch erinnerte die Mannschaft an die letzten Partien und setzte kaum eigene Akzente in der Gestaltung der Begegnung. Die Nürnberger spielten fast doppelt so viele Pässe wie Werder (bei einer Passquote von 76 zu 63%) und konnten zwei Drittel des Ballbesitzes für sich verbuchen.
Die Grün-Weißen verlegten sich aufs Konterspiel und nutzen im Laufe des Spiels individuelle Fehler der Franken: Beide Tore entstanden nach Ballverlusten des Nürnberger Neuzugangs José Campaña. Zunächst kommt Aaron Hunt durch einen solchen Fehler in Ballbesitz und kann anschließend ungehindert durchs Mittelfeld marschieren; sein Schuss aus 25 Metern landet allerdings am Aluminium. Franco di Santo erzielt nach einer formvollendeten Direktabnahme den Führungstreffer (40. Minute). Nach einem weiteren Ballverlust Campañas in Minute 68 ist es Philipp Bargfrede, der den Ball gewinnt und aus zwanzig Metern zum erfolgreichen Abschluss kommt. Weil Werder hinten nichts mehr anbrennen lässt, fühlt sich die Führung im Anschluss ungewohnt sicher an.
Bemerkenswert bleibt wohl noch die viel diskutierte Szene in der 75. Spielminute: Schiedsrichter Manuel Gräfe gewährt Aaron Hunt nach vermeintlichem Foul durch Javier »Haircrime« Pinola einen Strafstoß – der Kapitän gibt im Anschluss aber zu, sich intuitiv bei Pinola eingehakt und somit den Pfiff des Unparteiischen provoziert zu haben. Nach Hunts fairer Geste nimmt Gräfe den Elfmeter zurück. Pinolas Frisur bleibt übrigens straffrei (obwohl von Absicht ausgegangen werden muss…).
Honourable Mentions: Neben Hunt, Bargfrede und di Santo soll noch Raphael Wolf erwähnt werden, der wieder mehrfach dafür sorgte, dass die Null gehalten werden konnte (insbesondere durch die Paraden in Minute 36./56./58.). Und auch Sebastian Prödl ließ in der Innenverteidigung nichts anbrennen und lieferte eine sehenswerte Partie.

Ausblick

»Es war sicherlich kein schönes Spiel, aber das ist in der aktuellen Situation egal. Der Sieg tut sehr gut und sollte uns Auftrieb geben.«
(Philipp Bargfrede)
»Wir haben keinen Grund zu glauben, wir wären schon sicher, nur weil wir zwei Siege in Folge geschafft haben. Das wäre der falsche Zeitpunkt. Es ist immer noch alles sehr eng und wir nehmen jetzt sicher keinen Gang raus. Stuttgart ist wieder ein extrem wichtiges Spiel. Wir spielen im eigenen Stadion und können mit einem Sieg einen großen Vorsprung aufbauen. Noch sind wir lange nicht raus aus dem Abstiegskampf.«
(Aaron Hunt)

Foto

Abb. 2: Hoheluft, grün-weiß.

Es ist sicherlich noch zu früh, von Entwarnung zu sprechen. Die gestern Abend mit Abstand am häufigsten empfange SMS lautete in etwa »Abstiegskampf ohne Bremen!« oder »Werder ist wohl durch…« (in zig Varianten). Die häufigste Antwort in etwa: »Abwarten und nicht zu früh freuen«. Trainerteam und Mannschaft ist es auf jeden Fall gelungen, sich etwas freizuspielen und sich damit Ruhe für die Vorbereitung auf das nächste Heimspiel gegen den VfB Stuttgart zu verschaffen (der gestern wenig überraschend aber extrem kurzsichtig Trainer Thomas Schneider vor die Tür setzte und nun mit Feuerwehrmann Huub Stevens anreisen wird). In diesem Sinne: Auf drei Punkte im Weserstadion – allez les Verts!

Am Sonntag war übrigens Werders U23 zu Gast im Stadion »Hoheluft«, beim SV Victoria Hamburg. Der 4:1-Sieg der Grün-Weißen mit Toren von Florian Bruns (17. Minute, Strafstoß), einem Doppelpack von Martin Kobylanski (40. und 45. Minute, nach Freistoß aus 30 Metern) sowie Torben Rehfeldt (50. Minute) rundete bei bestem Fußballwetter ein perfektes Fußballwochenende ab. Auf’s nächste dann!

Fotos: Wellenbrecher. Danke!

Edit (10.03.14): Als kurze Ergänzung am Montagabend ein Hinweis auf Tobis Artikel bei Meine Saison, der in gewohnter Weise die taktischen Grob- und Feinheiten in den Blick nimmt und insbesondere hinsichtlich der Rolle des Cheftrainers resümmiert: »Erneut konnte Dutt als geschickter Schachspieler glänzen und sein Team gut auf veränderte Taktiken des Gegners einstellen. Die Raute ist als Kompromiss zwischen defensiver Stabilität und eigener Torgefahr die derzeit passendste Formation – und wenn der Gegner sie knackt, stellt Dutt um.«

11 Kommentare

  1. Behnske

    Der ehemalige VfB-Trainer heißt trotz Entlassung Thomas Schneider, nicht Thomas Schäfer.
    Trainerentlassungen sind übrigens ein Armutszeugnis, das nur am Rande erwähnt ;)

    • Fixed, danke.
      Ist mir heute schon mal passiert, der Thomas Schneider/Schäfer-Dreher; muss sich um eine Freud’sche Fehlleistung handeln (die Ähnlichkeit zu Thomas Schaaf kommt sicherlich nicht von ungefähr…).

  2. Raphael Wolf habe ich heute vernachlässigt (http://werder2013.wordpress.com/2014/03/09/eine-schwalbe-macht-noch-keinen-sommer), was falsch ist. Man muss auch seine, aktuell sehr konstanten, Leistungen deutlich benennen. Ganz klarer Rückhalt für die Mannschft – in der aktuellen Form, wird man seitens der sportlichen Leitung von einer Verpflichtuung einer neuen Nr.1 absehen, denke ich. Ein weiterer Torwart wird wohl so oder so gebraucht, aber wenn er weiter auf dem Niveua hält, gehe ich davon aus, dass er die Nr.1 der kommenden Saison sein wird. Sehr schöner Beitrag insgesamt – Danke & Grüße!

    • Denke ich auch. War ’ne riskante Entscheidung damals, ex post aber glücklich gelaufen, für (fast) alle Beteiligten – also Trainerteam, Mannschaft und Fans; Miele jetzt mal ausgenommen.
      Und: Danke!

  3. Wolf und Prödl sind vor allem herauszuheben – was Prödl in den letzten Wochen spielt ist teilweise hochklassig. Er ist derjenige, der sich bislang am meisen unter Dutt weiterentwickelt hat.

  4. Schöner Artikel, thumbs up!

    @Michael: Prödl profitiert aber auch extrem davon, dass wir aktuell so tief stehen. Schwierig wird es, wenn man die Verteidigung weiter hoch schiebt, da bringt er sich oft in Situationen, in denen er nicht wirklich gut aussieht, vor allem beim Rausrücken. Aber ja, er ist mittlerweile ein wichtiger Pfeiler da hinten, das stimmt.

  5. Es gibt immer noch ein paar Aspekte an Wolfs Spiel, die mich nicht restlos überzeugen. Er spielt teils etwas übervorsichtig, könnte noch mehr antizipieren und seine fußballerischen Qualitäten sind auch nicht die Allerbesten. Das ist allerdings Meckern auf (für Werder derzeit zu) hohem Niveau. Insgesamt macht Wolf einen super Job und ist für Werders Spielstil der richtige Torwart. Die genannten Punkte fallen nur ins Gewicht, falls sich Werder irgendwann mal wieder zu einer Mannschaft entwickelt, die offensiver auftritt und höher verteidigt. Und bis dahin hat sich ja vielleicht auch Wolf weiterentwickelt. In seinen ersten Spielen hatte ich ihn noch als recht konservativen Torwart wahrgenommen, aber das hat sich schnell relativiert nachdem er etwas Sicherheit bekommen hat.

    Bei Prödl möchte ich Michael zustimmen. Nach der Stagnation in den letzten Jahren und der miserablen letzten Saison hatte ich nicht mehr daran geglaubt, dass Prödl sich noch so entwickeln kann, Spielweise hin oder her. Ich glaube er profitiert dabei auch von Caldirolas taktischem Verständnis. Das ist Wahnsinn, was der in seinem Alter alles schon mitbringt, erst Recht wenn man bedenkt, dass er vor dieser Saison kaum Erstligaerfahrung hatte.

  6. Sowohl Prödl als auch Wolf kommt Werders derzeitige Spielweise entgegen. Ich vermute auch, dass eventuelle Defizite bei einer mehr spielerischen Variante deutlicher zu Tage treten würden. Bei den derzeit geforderten Tugenden (»Kampf, Mentalität. Und Kampf«) fällt das nicht so ins Gewicht. Bin gespannt, nach was für einem (Torwart-)Typen Eichin und Dutt suchen, zur kommenden Saison. Und was der Galvez für die Spieleröffnung bringen wird.

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