»Man nimmt sich immer viel vor in München, man muss sich aber eingestehen, dass es hier im Moment nicht viel zu holen gibt.«
– Nils Petersen
An die Wand gespielt
Nicht einmal für Münchens sog. B-Mannschaft (eine Bezeichnung, die sich angesichts der auflaufenden Spieler eigentlich verbietet) war Werder gestern Nachmittag ein Gegner auf Augenhöhe. Jupp Heynckes berief Schweinsteiger und van Buyten gar nicht erst in den Kader, Leistungsträger wie Mandžukić, Kroos, Müller oder Alaba saßen auf der Bank. Das tat der drückenden Überlegenheit der Münchener allerdings keinen Abbruch – im Gegenteil: Zwar ließ Werder während der ersten zwanzig Minuten durch disziplinierte Verschiebungen in der eigenen Hälfte wenig Chancen zu und konnte so die im Mittelfeld dominierenden Bayern vom erfolgreichen Abschluss abhalten. Zwischenzeitlich sah das sogar überraschend gut aus.
Das Umschaltspiel wollte allerdings gar nicht gelingen (hierbei bemerkte man wie schon gegen Freiburg deutlich, wie sehr Sokratis Papastathopoulos und ein vollständig genesener Aaron Hunt für die Verbindung von Defensive und Mittelfeld fehlten). Schon der erste ernsthafte Versuch des kollektiven Aufrückens in die Hälfte der Gastgeber war nach Ballverlust folgenreich: Werder steht nicht tief genug, ist zum Zeitpunkt der Flanke Lahms in Unterzahl im eigenen Strafraum und kassiert folgerichtig das Gegentor durch Arjen Robben. Spätestens jetzt hielten die Münchener das Heft sicher in der Hand und dachten gar nicht daran, es wieder her zu geben.
Hinten desolat, vorne handzahm – so lässt sich die nun folgende Partie wohl einfach zusammenfassen. Bayern spielte den SV Werder mit sechs zu eins Toren souverän an die Wand.
Negatives – und nicht ganz so Negatives
»Wir bekommen eindeutig zu viele Gegentore. Daran arbeiten wir jede Woche, können das aber einfach nicht vollständig abstellen. Wir müssen endlich daraus lernen.«
– Zlatko Junuzovic
Wo letzte Woche noch von Slapstick die Rede war, bleibt heute nur schwarzer Humor. Weil sich nach einem solchen Spiel wenig Positives sagen lässt, sei an dieser Stelle auf eine Hilfskonstruktion zurückgegriffen: Die Unterscheidung von mehr oder weniger Mangelhaftem. Als besonders negativ muss dabei vor allem Sebastian Prödls Foulspiel gegen Mario Gomez in der 44. Minuten festgehalten werden; ob Gomez im Abseits stand oder nicht spielt dabei ex post gar keine Rolle – nach einem solchen Spiel will man sich keine Sorgen über die Leistung des Schiedrichter-Gespanns oder die vermeintlichen Diver-Qualitäten von Mario Gomez machen. Die gedankenlose Notbremse hatte zur Folge, dass Werder für den Rest des Spiels in Unterzahl gegen die Münchener zu agieren hatte. Dass mit zehn Spielern gegen gefühlte zwanzig Gegenspieler nicht viel zu holen ist, überrascht wenig. Dass man es dem Gastgeber aber so einfach macht wie etwa in der 49. Spielminute (als Gebre Selassie nach einer Hereingabe von Gomez vermutlich klären will, der Ball aber im eigenen Netz landet) ist schon ärgerlich. Nicht, dass man im Vorfeld der Partie sonderlich hohe Erwartungen gehabt hätte, aber auf solche Szenen ließe sich gut verzichten.
Einziger Lichtblick (und als solcher wenigstens nicht übermäßig negativ) war der Ehrentreffer Kevin de Bruynes in der 58. Minute – der immerhin Manuel Neuers Serie »Ohne Bundesliga-Gegentreffer-in-2013« ein Ende setzte. Jupp Heynckes dazu: »[D]as Gegentor hatten wir nicht auf der Rechnung, darüber sind wir auch ein bisschen verärgert.« Es steht zu befürchten, dass das sogar stimmt. Dass ihn dieses Gegentor tatsächlich ärgert. Und überhaupt! Dass man Trivia dieser Art anführen muss, teilt viel mehr mit, als einem als Werderaner (und damit immerhin ehemaligem Konkurrenten der Bayern) lieb sein kann. Werder empfing gestern Signale, klar und deutlich: Signale aus einer anderen Welt. Wobei das nicht wirklich wahr ist – eher schon aus einem Bundesliga-Paralleluniversum. Man kann Jupp Heynckes und seiner Mannschaft unterm Strich nur zu einem uneingeschränkt verdienten Sieg gratulieren: So sehen Meister aus.
Diesseits des Tunnels
»Aber an dem Spiel können wir uns nicht messen lassen, wir müssen zusehen, dass wir die nächsten Spiele gewinnen, vor allem die beiden nächsten Heimspiele. Das wird schwierig genug.«
– Nils Petersen
Für Werder heisst es nun, sich auf Gegner auf Augenhöhe zu konzentrieren (oder, um in der Metapher zu bleiben, auf dieser Seite des Tunnels).
Mit Augsburg, Gladbach und Fürth stehen eben solche auf dem Spielplan. Wenn die Defensive die ersten zwanzig Minuten als Maßstab für die kommenden Partien nimmt, besteht Hoffnung: Darauf, dass Werders Marketing-Slogan »Lebenslang grün-weiß« mal wieder ein bisschen mehr nach Bekenntnis und ein bisschen weniger nach Strafurteil klingt. Oder mit den ungewohnt markigen Worten Aleksandar Ignjovskis: »Wir Spieler müssen mehr Arsch in der Hose haben.«
In diesem Sinne: Auf geht’s Werder!
Foto: Allianz Arena von PriKo8, Grafik von Jesse Bransford.
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