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Angewandte Spielfeldpsychologie

piza

»Wir wurden für den Mut belohnt, dass der Trainer offensiv gewechselt hat und damit ein Zeichen gegeben hat.«
– Zlatko Junuzović

»Take the past send present to the future
We know each other
I get the love that you’re sending

Let the good times be never ending…«
The Charlatans

Die Geschichte des 1:3 Auswärtssiegs ist eigentlich schnell erzählt: Werder verhinderte das Spiel der Gastgeber in der ersten Halbzeit und belohnte sich in der 45. Spielminute mit dem Führungstreffer durch Zlatko Junuzović. Die Partie charakterisierte sich zunächst vor allem durch kleine Nickeligkeiten und die daraus resultierenden Spielunterbrechungen des Unparteiischen Jochen Drees – echter Spielfluss wollte nicht entstehen. Werder machte zwar geschickt die Räume eng, konnte die resultierenden Konternsituationen aber nicht effektiv nutzen. Schmerzlich vermisst wurde der schon wieder verletzungsbedingt fehlende Philipp Bargfrede. Felix Kroos, als einzige Veränderung der Startelf im Vergleich zur vorangegangenen Partie, tat sich schwer damit Bargfredes Ausfall zu kompensieren; er kam regelmäßig zu spät in die Zweikämpfe und konnte dem (Auf-)Spiel nicht die notwendige Struktur verleihen. Zu Hochleistungen liefen dagegen die mitgereisten Fans im Gästeblock auf, die das Geschehen über weite Strecken der Partie akustisch dominierten. Summa summarum markierte Junuzovićs Treffer eine verdiente Führung nach den ersten 45 Minuten.
Die bislang ideenlosen, blassen Hoffenheimer reagierten mit einem Doppelwechsel in der Halbzeitpause und brachten neben Jonathan Schmid mit Eduardo Vargas eben jenen Mann, der vier Minuten nach der Pause den Ausgleichstreffer für die Hoffenheimer erzielen sollte. Der Spielverlauf begann nun zu kippen und die Gastgeber entwickelten sich mehr und mehr zur spielbestimmenden Mannschaft. Werder mangelte es auch diesmal nicht an den »Basistugenden« Entschlossenheit und Aggressivität. Es fehlten aber Ideen, sowohl im Spielaufbau als auch im letzten Drittel des Feldes. Die Zeichen standen auf Punkteteilung. Bestenfalls.

Bis 17:09 Uhr.
Bis zur 82. Spielminute.
Da beweist Cheftrainer Viktor Skripnik taktisches Gespür (vielleicht kann er auch gar nicht anders): Für den wiederholt souveränen aber mittlerweile erschöpften Ulisses Garcia bringt er einen offensiven Akteur.
Nicht irgendeinen,– Ihr kennt den Plot-Twist schon! –, es ist Claudio Pizarro.

»Wir haben mitbekommen, wie die Fans reagiert haben. Uns hat der Wechsel Schwung gegeben, die letzten paar Prozent. Wir haben wieder daran geglaubt, gewinnen zu können.«
– Jannik Vestergaard

Und Werder spielt wieder nach vorne, will ganz offensichtlich mit drei Punkten zurück an die Weser. Mehrmals wird das Hoffenheimer Tor gesucht und es ist schließlich Niklas Süle, dem es nicht gelingt Santiago Garcías langen Diagonalpass abzufangen, der Ball erreicht Pizarro im Strafraum. Dreieinhalb Hoffenheimer können ihn nicht vom Spielgerät trennen, das dieser anschließend mustergültig zu Anthony Ujah passt.
Ujah? »Und der bringt den Ball ins Toooooooor!« Die Führung für den SV Werder! In Spielminute 92. Doch das ist nicht das Ende dieser sonntäglichen Fußballgeschichte: Werder lässt nicht locker und nutzt das Momentum. Es ist Junuzović der eine Minute später aus unmöglicher Position den Ball zum 3:1 Endstand für Werder verwandelt.

Das Momentum retten…

skripnik

»Wir haben Claudio genau für diese Situationen verpflichtet und nicht nur, um seine Trikots zu verkaufen.«
– Viktor Skripnik

»Wenn Claudio ins Spiel kommt, merkt man sofort, dass er eine gewisse Präsenz ausstrahlt. Deswegen haben wir ihn verpflichtet.«
– Thomas Eichin

Der Erfolg in Hoffenheim hat viele Väter: Allen voran natürlich Anthony Ujah und Claudio Pizarro als Torschütze respektive Vorbereiter. Eine Mannschaft, die sich für keinen Weg zu schade war. Aber ohne jeden Zweifel auch Viktor Skripnik, dessen risikofreudiges Kalkül perfekt aufging. Der mit angewandter Spielfeldpsychologie das Momentum retten (beziehungsweise ihm im entscheidenden Moment einen Ruck in Richtung grün-weißer Glückseligkeit verpassen) konnte und seinen Joker brachte: Für genau diese Situationen ist Pizarro geholt worden. Von Thomas Eichin, der aus diesem Grund (und aus vielen anderen auch) in dieser Liste nicht fehlen sollte. Dem hoffentlich im Laufe der Woche ein angemessenes Angebot zur Vertragsverlängerung vorgelegt wird. Denn mit diesem Werder kann man rechnen: Die Mannschaft und das Trainerteam machen bei allen Defiziten im Detail einen guten Eindruck. Nach vier Spieltagen kann man sich einigermaßen entspannt auf Pizas erstes Heimspiel (Serviervorschlag) freuen, gegen den FC Ingolstadt. Und bei aller Euphorie sollte dabei am Samstag nicht vergessen, dass der Erfolg wie so oft viele Väter hat – in diesem Sinne: Let the good times be never ending…

ALLEZ LES VERTS!

Fotos: werder.de – danke!
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