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Someone else, someone good…

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»Just a perfect day
you made me forget myself.
I thought I was
someone else, someone good.«
– Lou Reed

Totgesagte leben länger? Gerade als die Stimmung mal wieder zu kippen drohte, wir uns angesichts kollektiver Hyperventilation der selbsternannten Fußballintelligenz und zum Wohl des eigenen Nervenkostüms der Kommunikation in einschlägigen (mehr oder minder) sozialen Medien entziehen wollten, gelingt Werder und Robin Dutt die Wende: Die Mannschaft gewinnt auswärts und verdient gegen Hannover 96 – und kann sich angesichts des zuletzt sehr bedrohlichen Abstiegsstrudels ein wenig freischwimmen. Chronik eines perfekten Sonntags.

Werder spielt Fußball…

»Good times for a change
See, the luck I’ve had.«
– The Smiths

»Zuletzt wurden wir häufig für unsere Spielweise kritisiert.
Heute haben wir gezeigt, dass wir es können.«

– Thomas Eichin

Robin Dutt wechselte im Vergleich zum Spiel gegen Wolfsburg auf vier Positionen: Überraschend stand Santiago García nach überstandenem Innenbandriss nicht nur wieder im Kader, sondern auch in der Startelf. Luca Caldirola wanderte daher von links zurück in die Innenverteidigung, wo er Assani Lukimya ersetzte. Felix Kroos fehlte nach seiner Verletzung, folglich stellten Philipp Bargfrede und Cedric Makiadi die Doppelsechs. Im Sturm wurde Franco di Santo anstelle von Nils Petersen Eljero Elia zur Seite gestellt. Sämtliche Wechsel sollten sich unterm Strich als ausgezeichnete Entscheidungen des Cheftrainers erweisen.
Formativ begann man mit dem mittlerweile scheinbar wieder fest etablierten 4-4-2 samt Raute, wobei die Mannschaft situativ zu einem 4-2-3-1 oder 4-1-4-1 variieren konnte. Werder nahm das Spiel sofort an und konnte sich sowohl in den Zweikämpfen als auch im Spielaufbau und vor dem Tor überraschend gut behaupten. Trotz zahlreicher aussichtsreicher Chancen (13. Minute Clemens Fritz, 15. Minute Aaron Hunt, 17. Minute Elia) blieb man im Abschluss aber zu harmlos. Für eine gute halbe Stunde spielte nur der SV Werder. Umso bitterer, dass es nach umstrittenen Freistoß in der 43. Spielminute Hannovers Szabolcs Huszti war, der zum bis dahin völlig unverdienten 1:0 für H96 traf. Dass dabei weder Raphael Wolf noch die von ihm aufgestellte Mauer gut aussahen, ist ein weiteres ärgerliches Detail dieser Szene; allerdings war es später dann auch Wolf, der mit zwei bemerkenswerten Paraden zunächst die erneute Führung der Hausherren (77. Minute, gegen Leon Andreasen) und schließlich einen späten Ausgleich verhinderte (93. Minute, gegen Christian Schulz) und damit erheblichen Anteil an der Sicherung der drei so dringend benötigten Punkte hatte.

… und trifft nach Ecken.

»No, no
I’m a lucky man.«
– The Verve

»Vor der Ecke bin ich zu Basti gegangen und habe ihm gesagt, dass er den Ball jetzt reinhauen soll.
Das hat er dann gemacht.«

– Clemens Fritz

Hannover tat sich insbesondere in der ersten Hälfte der Partie sehr schwer mit Werders Spiel. Zwar kamen die Gastgeber verbessert aus der Pause – Werder verlegte sich nun aufs Kontern und bewies Moral. Sah in der ersten Halbzeit noch der Spielaufbau vielversprechend aus, war es nun das Umschaltspiel, das für die Zukunft Hoffnung machen darf. Um Missverständnissen vorzubeugen: Wir sprechen hier in beiden Fällen von zarten Ansätzen. Aber gerade vor dem Hintergrund der letzten Auftritte (samt daraus resultierender Stimmung in Teilen der Bremer Fanszene) erscheint es uns wichtig und richtig auf genau diese Ansätze hinzuweisen.
Unter individuellen Gesichtspunkten konnten sich dabei neben Hunt und Elia insbesondere die beiden Torschützen di Santo (56. Minute, nach Ballgewinn Zlatko Junuzovics in der eigenen Hälfte via Hunt auf Elia, der dem Argentinier mit perfekt diagonalem Heber assistiert) und Sebastian Prödl (91. Minute, Eckstoß durch Junuzovic und Kopfballverlängerung durch Caldirola – ja, richtig gelesen: Werder-Tor nach einer Ecke!) auszeichnen. Die drei hochverdienten Punkte konnten  vor mitgereisten 5000 Unterstützern gefeiert werden, die akustisch zwischenzeitlich für Heimspielimpressionen sorgten.

Epilog über das rettende Ufer und weitere Schwimmübungen

»And there are many places that I wish to go
But everything’s dependin’
On the way the wind may blow.«
– Oasis

»Mit solch einem Sieg im Rücken habe ich auch die Hoffnung, dass wir noch ein, zwei Spiele gewinnen.
Wir glauben auch daran.«
– Robin Dutt

Nach zuletzt bitteren Rückschlägen ist das Projekt Klassenerhalt nun also wieder auf Kurs. Natürlich ist noch nichts in trockenen Tüchern – und wo wir letzte Woche noch an die Vernunft appellieren mussten, mag es diese Woche vor allem darum gehen, auf die Euphoriebremse zu treten: Zwar tut die Konkurrenz im Abstiegskampf offenkundig ihr Möglichstes, um sich noch dämlicher anzustellen als Werder; es muss aber wohl keinem unserer Leser erklärt werden, wie schwer das restliche Programm dieser Saison ist. Es war Raphael Wolf, der in der Mixed Zone betonte, wie wichtig Ruhe und die Unterstützung der Fans derzeit sind: »Für uns ist es ganz wichtig und entscheidend, dass wir im Verein viel Ruhe haben und viel Sicherheit auch von außen bekommen. Der Verein, die Geschäftsstelle, die Stadt stehen hinter uns. Das spürt man. Wir bekommen immer tolle Unterstützung von den Fans. Was die heute gemacht haben, war wieder einmal bemerkenswert.« Das rettende Ufer ist in Sicht – geschwommen werden muss trotzdem noch. Am besten alle zusammen: Mannschaft, Trainerteam und Fans. Nach Abpfiff gab Thomas Eichin zu Protokoll, dass das Spiel in Hannover das erste von sieben Endspielen gewesen sei. Am Samstag folgt das zweite, zuhause gegen Schalke.

ALLEZ LES VERTS!

Titelfoto: Grober Schnitzer / Flickr. Danke!

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