Kommentare 5
/ Autor:

Und Du, Werder?

»When routine bites hard and ambitions are low…«
– Joy Division

Zwei Dinge vorweg: Wir sind keine Freunde jener Mentalität, die aufgebrachte Fans bisweilen »Wir sind XYZ und Ihr nicht!« skandieren lässt. Oder sich Menschen zur Behauptung versteigen lässt, die Spieler einer Mannschaft seien unwürdig das Trikot ihres Vereins zu tragen. Eine solche Attitüde liegt uns seit jeher und aus guten Gründen fern. Daher schreiben wir hier unter normalen Umständen nie schlecht über unseren Verein, auch wenn er uns das in der Vergangenheit nicht immer ganz leicht gemacht hat. Kein Mensch braucht schlecht dahingejammerte Artikel – und das gilt in besonderem Maße für dahingejammerte Artikel in Fußballblogs. Seit den ersten Veröffentlichungen auf dieser Seite war diese Haltung unser unausgesprochener Grundsatz.

meinten-sie-etwa

Autokorrektur: »Meinten Sie etwa ›schwach‹?«

Bis gestern. Während der übrigen Saison ist der Anspruch bei vielen von uns ja schon maximal heruntergefahren – aber gestern war nicht irgendein Spiel. Werders Fans mussten sich in den vergangenen Spielzeiten bisweilen schmerzhaft mit neuen Realitäten arrangieren, viele vermeintliche Selbstverständlichkeiten kollidierten mit der häufig grauen Wirklichkeit. Gestern war Nordderby. Das Nordderby-Heimspiel sogar. Ein Spiel, bei dem man sich (selbst in der nicht immer ganz einfachen Vergangenheit) darauf verlassen konnte, dass die Mannschaft Punkte holt. Wenigstens aber entschlossen auftritt. Alles gibt, bis ans Limit geht. Oder darüber hinaus. Nordderby. Darauf freust Du Dich Wochen, Monate. Gestern musste man sich aber die Frage stellen: Für was? Für nichts. Denn Du bekommst einen (mehr als verdienten) HSV-Sieg im Weserstadion. Und ein desolates, blutleeres Werder, keiner weiteren Rede wert.

Wir haben viele Scheißspiele gesehen, in den letzten Jahren. Wir haben die Mannschaft und den Verein trotzdem höchstens sachlich kritisiert, wenn überhaupt. Wir haben auch nach dem schlechtesten Spiel der Welt ein trotziges »Allez les Verts!« entgegengerufen. Das Spiel gestern ist eine Zäsur, weil es für uns ein besonderes Scheißspiel war: Gestern hat die Mannschaft ihre Fans das erste Mal hängen gelassen.

Unser Dank geht an die Ostkurve für die wirklich sehr hübsche Choreo (da war die Welt noch in Ordnung).

Und Du, Werder?
Danke für nichts.
Schäm‘ Dich!

Foto: Mitchmaster/Flickr.

5 Kommentare

  1. Danke für den Artikel und Grüße nach Hamburg. Ich persönlich glaube aber nicht daran, dass nur die Einstellung der Mannschaft verantwortlich ist für das Derby-Desaster. Ich sehe die Spieler selbst als Opfer von Fehlentscheidungen, die ein paar Etagen höher getroffen werden. Ich habe versucht, meine Meinung auf meinem Blog auf den Punkt zu bringen. Kar, ich kann mich täuschen. Aber in diesen Tagen wäre ich da sicher nicht der einzige Grün-Weiße, der danebenliegt.

    • snb

      »Ich persönlich glaube aber nicht daran, dass nur die Einstellung der Mannschaft verantwortlich ist für das Derby-Desaster.«

      Ich stimme Dir zu. Es ist auf jeden Fall ein unterkomplexer Versuch zu erklären, was in den letzten Wochen und insbesondere am Samstag schief gelaufen ist. Es ist vor allem auch nicht der Versuch, die Nordderby-Misere rational zu analysieren – dazu fehlt aktuell auch einfach die Motivation. Wir haben großen Respekt vor Autoren, denen das dieser Tage gelingt (insbesondere wenn es sich bei ihnen um Werderaner handelt). Wenn Du ein bisschen im Archiv unserer Seite stöberst wirst Du sehen, dass uns das hier bislang auch gelungen ist. Mal besser, mal schlechter.
      Mit zwei Tagen Abstand möchte ich die sehr harte Formulierung oben (»Gestern hat die Mannschaft ihre Fans das erste Mal hängen gelassen«) ein wenig relativieren. Heute würde ich anders formulieren, nämlich so: »Am Samstag fühlte es sich für mich das erste Mal so an, als sei ich von der Mannschaft hängen gelassen worden.« Diese Formulierung ist treffender, weil sie nicht ein objektives, rationales Urteil suggeriert. Sondern im Gegenteil einen emotionalen Eindruck mitteilt. Der ist aber übrigens leider nach wie vor sehr präsent… – für die ungenaue Formulierung und die daraus resultierenden Missverständnisse sage ich aber gerne sorry.

  2. Pingback: #Link11: Der Wunderwuzzi | Fokus Fussball

  3. Pingback: Und Du, Vert et Blanc? | vert et blanc

  4. Pingback: Nordderby, Schikane, Boykott | vert et blanc

Schreibe eine Antwort