Kommentare 2
/ Autor:

Werder brennt (auf mehr)

svwb04

»Dieser Erfolg ist sicher auch das Ergebnis des Selbstvertrauens aus den letzten Spielen.
Da haben wir gemerkt, dass in jeder Partie etwas geht, wenn wir alles geben.«

– Davie Selke

»Alles in uns brennt
In euch brennt’s, in uns brennt’s
Ihr seid keine Fans – wir sind eine Gang.«
ZM

Einmal zwicken, bitte!
Das Leben mit dem SV Werder war in den letzten Jahren nicht immer leicht. Da waren die Wirren zum Ende der Schaaf-Ära, die nicht enden wollende Umbruch-Rhetorik und das stete Warten auf ein Licht am Ende des Tunnels. Wir schwankten zwischen Ratlosigkeit, Resignation und neuem Realismus, führten gar eine Rubrik namens »Therapeutisches Bloggen« ein und suchten für unsere Artikel Zitate aus Nick Hornbys großer Ode an die geschundene Seele des Fußballfans, »Fever Pitch«, heraus. Nach dem Sport begegnete uns in Hamburger Umkleidekabinen im Werder-Trikot nicht mehr Feindseligkeit sondern zunehmend aufrichtiges Mitleid. »Lebenslang grünweiß« klang nur noch selten nach dem ehemals stolzen, bedingungslosen Bekenntnis zum besten Verein der Welt – an schlechten Tagen kam es uns eher wie ein Strafmaß vor. Aus Ratlosigkeit wurde Trotz. Und mehr Hornby-Zitate.

 

»Wir freuen uns über die Siege, wollen aber natürlich, dass noch weitere dazukommen. Wir haben noch nichts erreicht und bleiben deshalb auf dem Teppich. Wir schauen auch weiterhin nach unten und nicht nach oben, wollen uns weiterentwickeln und werden dafür akribisch arbeiten.«
– Viktor Skripnik

Und jetzt? Fährst Du nach dem dritten Sieg am dritten Spieltag der Rückrunde zurück nach Hamburg und kannst es nicht fassen. Zuletzt gab es einen solchen Rückrundenauftakt in der glorreichen Saison 2003/04. Vier Siege in Folge zuletzt vor fünf Jahren, 2009/10 . Heute liest sich das so: 2:1 gegen Dortmund, 2:0 gegen Hertha, 2:1 gegen Hoffenheim, nun also 2:1 gegen Leverkusen. Erster der Rückrundentabelle. Vierter der »Skripnik-Tabelle«. Werder schickt sich (wieder) an der Darling der Liga zu werden, von einer »neuen Herrlichkeit« und der »Renaissance« Werders ist die Rede, von »Verzauberung« sogar. Mit dem Qualitätsstempel der Spielverlagerung ist man »kein Abtiegskandidat mehr«. Und sogar in HSV-Blogs wird der »Bremer Weg« gelobt. Den omnipräsenten Soundtrack dazu liefert die Kurve: »Der SVW ist wieder da!« – so geht Raute heute.
Und am Montagmorgen blättert man durch den Fotoordner des Smartphones – nur um sicherzugehen, dass man das alles doch nicht nur geträumt hat. Die Beweislage ist erdrückend: Alles ist wahr. Werders Abstand auf den Relegationsrang beträgt sieben Punkte. Achter Tabellenplatz, punktgleich mit dem Tabellensiebten aus Hoffenheim.

 

»Momentan merkt man an der Körpersprache, an unserem Auftreten, wie groß unser Selbstbewusstsein ist. Die vier Siege im Rücken müssen Mut und Kraft geben für die nächsten schweren Aufgaben.«
– Zlatko Junuzović

Wie schon gegen Hertha und die TSG nahm Werder auch gestern die Herausforderung an und ging mit offenem Visier in der Partie: In der ersten Halbzeit gelang das durch schnelles Umschaltspiel und eine feine Raumaufteilung, in der zweiten Hälfte durch energisches Zweikampfverhalten gepaart mit der unbedingten Entschlossenheit, die drei Punkte im Weserstadion behalten zu wollen. Dass Leverkusen insbesondere im zweiten Durchgang die Spielanteile im Wesentlichen für sich verbuchen konnte – geschenkt. Dass die letzte halbe Stunde ordentlich Nerven gekostet haben dürfte hat auch. Wenn man dafür formvollendete Spielzüge wie jenen zum 1:0 (17. Minute, via Fritz-Bartels-Selke) oder den Diego-Erinnerungsfreistoß zum 2:0 durch Zlatko Junuzović (29. Minute, vierter direkt verwandelter) zu sehen bekommt. Das Umschalten samt schneller Konter gelingt immer besser und Räume werden eng gemacht, auch  und gerade im defensiven Mittelfeld unter der Regie Philipp Bargfredes. Über weite Strecken der Partie präsentiert sich die Verteidigung umsichtig und kompromisslos, lange Bälle nach vorn sind eine Ausnahmeerscheinung geworden.

Leichte Schönheitsfehler lassen sich nicht von der Hand weisen (etwa im Vorfeld des Anschlusstreffers zum 2:1), aber das Team um Viktor Skripnik lässt keinen Zweifel daran, dass diese Mannschaft auf dem richtigen Weg ist. Massive Blackouts gehören jedenfalls zunehmend der Vergangenheit an (eine Qualität, die man dem Leverkusener Anhang leider nach wie vor nicht attestieren kann. Aber das ist eine andere Geschichte…).
Eine detaillierte Spielanalyse gibt es schon heute in Steffens Werder-Kolumne und in den nächsten Tagen sicherlich bei den Blog-Amici der Hashtagmafia (edit: taktische Analysen gibt es mittlerweile bei meinesaison und spielverlagerung.de).

 

»Wir können den Sieg jetzt ein, zwei Tage genießen, aber dann müssen wir uns voll auf Augsburg konzentrieren. Die sind stark in Form. Das wird ein harter Brocken. Trotz der letzten Erfolge wird es unten noch lange sehr eng bleiben. Die Liga ist unglaublich ausgeglichen. Wir dürfen uns zu keiner Zeit sicher fühlen.«
– Zlatko Junuzović

Wir haben es nach wie vor mit Momentaufnahmen zu tun. Aber nach einer bewegten englischen Woche kann nun erst einmal durchgeatmet und der Blick geschärft werden, für die Zwischentöne jenseits latenter Abstiegsangst und Europapokal-Euphorie. Es wird eine Woche ohne melancholische Hornby-Zitate und mit lange vermisster Zuversicht auf das nächste Spiel werden, zuhause gegen den FC Augsburg. Eine Woche, in der Junuzović vermutlich eine Entscheidung über seine sportliche Zukunft gefällt haben wird – so pfeifen es jedenfalls die Spatzen von den Bremer Dächern. Schon heute unterschrieb Janek Sternberg seinen Profivertrag beim SV Werder. Wir wünschen den verletzten Spielern (insbesondere Alejandro Gálvez, der in der 50. Spielminute ausgewechselt werden musste) schnelle Genesung.
Alles brennt auf einen weiteren Heimsieg für das #TeamViktor.

ALLEZ LES VERTS!

2 Kommentare

  1. Pingback: Thomas Eichin | vert et blanc

  2. Pingback: Werder-Fußball | vert et blanc

Schreibe eine Antwort