Kommentare 12
/ Autor:

Weserstadion

weserstadion

»Just remember ALL CAPS when you spell the man name.«
– Madvillain

»In Bremen fließt ein steter Strom,
vorbei am Weserstadion.«

Die Autoren dieser Seite stehen wohl nachweislich nicht im Verdacht, übermäßige Verfechter einer fußballerischen Brauchtumspflege oder gar Traditionsbewahrer zu sein. Die von Werders scheidendem Präsidenten Klaus-Dieter Fischer im Interview mit dem Weser-Kurier geäußerten Hinweise auf einen möglichen Verkauf der Namensrechte am Weserstadion ließen uns trotzdem die Luft anhalten. Der scheidende Präsident und Geschäftsführer deutete an, dass es unter seinem Nachfolger zu grundlegenden Veränderungen kommen könne: »Angefangen vom Stadionnamen über die Möglichkeiten, Investoren zu gewinnen, die Gesellschaftsanteile kaufen. Darüber wird man nachdenken, und zum Teil sind diese Überlegungen bei der jetzigen Geschäftsführung auch schon da.«
Unter Berücksichtigung von Schlagworten wie »Konkurrenzfähigkeit« und »Konsolidierungskurs« scheinen solche Gedankenspiele folgerichtig. Trotzdem sollte die Frage über die Zukunft des »Tafelsilbers« nicht voreilig beantwortet werden. Denn ob ein Verkauf der Namensrechte am Stadion tatsächlich lohnenswert ist, kann aus mehreren Gründen mit einem Fragezeichen versehen werden.

Emotionaler Wert

Vielleicht kein triftiger Grund an sich? Er soll aber dennoch an erster Stelle aufgeführt und ernstgenommen werden: Lediglich vier Stadien in der Bundesliga leisten es sich, die Namensrechte ihrer Spielstätte nicht verkauft zu haben: das Olympiastadion in Berlin, das Eintrachtstadion in Braunschweig, der Borussia-Park in Mönchengladbach. Und das Weserstadion in Bremen. In der zweiten Liga kämen noch das Millerntorstadion auf Sankt Pauli (wo 2008 auf einer Mitgliederversammlung sogar ein Naming-Right-Verbot beschlossen wurde), das Wildparkstadion (KSC), das Fritz-Walter-Stadion (FCK), das Hardtwaldstadion (Sandhausen), das Stadion der Freundschaft (Cottbus) und die Alte Försterei (Berlin) dazu.
Gerade für einen Verein wie Werder, der bestrebt ist, das Image »des anderen Vereins« zu pflegen (und hierbei nicht zuletzt durch den aktuellen Trikotsponsor Rückschläge hinnehmen musste), wiegt das Argument schwerer als für manchen Konkurrenten. Das Weserstadion gehört architektonisch und aufgrund seiner Lage zu den bemerkenswertesten Stadien der Republik und Werder täte gut daran, diese Tatsache nicht zu unterschätzen.

Potentielle Erlöse

Auf der anderen Seite sollten die Aussichten auf mögliche Erlöse aus dem Verkauf nicht überschätzt werden: Zum einen spielt dabei natürlich die Höhe der zu erwartenden Einnahmen eine Rolle. Für das Jahr 2012 spannt sich der Bogen zwischen 6 Millionen Euro für die Allianz-Arena des FC Bayern und 500.000 Euro für die Trolli-Arena Greuther Fürths – Trolli-Arena! (der Name ist die vielleicht gerechte Strafe dafür, dass es eben Fürth war, das 1996 als erster Verein seine Spielstätte in »Playmobil-Stadion« umtaufen ließ…).
Der Liga-Durchschnitt liegt derzeit bei rund 2,5 Millionen Euro (Quelle) –ein Wert, den anzusetzen in Anbetracht der derzeitigen Lage Werders schon optimistisch wäre.
Die Hoffnung der Befürworter eines Verkaufs ist klar: Man spekuliert auf mehr Möglichkeiten für künftige Transfers und/oder Spielergehälter, mithin also auf eine Verbesserung des Kaders. Oder wenigstens eine weniger starke Erosion des aktuellen Kaders. Unterm Strich also auf mehr Qualität und weniger nervenraubenden Fußball. Alles verständliche Wünsche. Könnt ihr uns glauben.
Doch selbst die 2,5 Millionen Euro aus optimistischer Schätzung würden weder Werder Bremen und erst recht nicht der Transferkasse zugute kommen: Seit 2002 ist die Bremer Weser-Stadion GmbH (BWS) Betreiberin des Weserstadions (das daher offiziell auch »Weser-Stadion« heisst). An dieser hält Werder lediglich 50% der Anteile. Die zweite Hälfte gehört der Stadt Bremen, beziehungsweise  der Bremer Wirtschaftsförderung. Eine Teilung des erhofften Erlöses aus dem Verkauf der Namensrechte ist keinesfalls sicher – gerade in Anbetracht jüngster Zankereien zwischen Stadt und Verein (etwa mit Blick auf die Kosten der wöchentlichen Polizeieinsätze). Was der Verkauf für die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit den bisherigen strategischen Partnern der BWS (EWE und SWB) bedeutet, ist auch unklar.

Edit (20:30h): Im Interview mit Radio Bremen relativiert Klaus Filbry die Dimensionen möglicher Einnahmen: »Wir würden da schon was von haben, aber nicht in dem Maße, wie es die Leute denken, keine siebenstellige Summe.« Mögliche Verwendung wäre eine Sondertilgung monatlicher Belastungen durch den Stadionausbau. Auch zu den bisherigen Partnern EWE und SWB äußerte sich Filbry: »Wenn wir jemanden finden würden, müssten wir diese Partnerschaften neu definieren, sprich das Geld würde weniger und wir müssten gucken, ob ein neuer Partner den Mehrwert für uns bringt.«

No Sell-out…?

Unter den Autoren dieses Blogs herrscht große Einigkeit: 3/3 sprechen sich gegen einen Verkauf der Namensrechte aus.
Wohlweislich, dass man es sich damit vielleicht zu einfach macht – vermutlich aber nicht.

Foto: Benjamin Radzun (Flickrcc-Lizenz).

12 Kommentare

  1. Ich bin da fast schon emotionslos. Dass die Namensrechte am Stadion verkauft werden, steht schon seit Jahren im Raum, es wurde immer mal wieder diskutiert und – Gott sei Dank – immer wieder verworfen. Dass diese Diskussion jetzt aufkommt, ist auch normal. Gut geht es Werder gerade nicht, da muss man „kreativ“ sein. Ich schätze aber die Geschäftsführung für so vernünftig ein, dass sie Erlös und Konsequenz gegeneinander stellen. Für „ein paar Mark fuffzig“ wird der Name sicherlich nicht verschachert.
    Dass Werder einer der wenigen Vereine sein soll, der auf den Verkauf des Stadionnamens verzichten kann, ist naiv.

    Fazit: ich bin dagegen, den Namen zu verkaufen, aber wenn dies kommen sollte, würde für mich nicht die Welt untergehen. Und Werder wäre immer noch Werder.

  2. Pingback: #Link11: Ein sehr imouschenel Trainer | Fokus Fussball

  3. @Andreas: wieso ist es naiv zu glauben, dass Werder auf den Verkauf verzichten kann? Weil Werder ohne Verkauf aufhört zu existieren? Ich denke ja nicht. Klar geht es ohne! Klar kann Werder auf die 1 Mio € verzichten. Kann aber natürlich auch sein, dass gerade diese 1 Mio irgendwann mal den Unterschied zwischen Abstieg und Nichtabstieg ausmachen würden, weil man sich den dann eben bei Nürnberg einschlagenden Stürmer so nicht leisten konnte. Theoretisch möglich, aber bei einem Etat von 70 Mio auch nicht unbedingt naiv, wenn man glaubt, dass Werder eben durchaus auf die 71. Mio vverzichten kann, ohne dass dann etwas unsagbares geschieht. Zumal das auch mit der 71. Mio im Etat trotzdem passieren kann. Und da niemand die Frage beantworten kann, wo genau sich der Erlös wie auswirken wird kann man hier finde ich ruhig idealistisch entscheiden.

    • Ich finde es durchaus naiv zu glauben, dass Werder als fast einziger Verein dauerhaft darauf verzichten kann, den Stadionnamen zu verkaufen. Natürlich hört Werder dann nicht auf zu existieren. Aber irgendwo muss ja auch Geld in den Verein fließen, um eine gewisse Wettbewerbsfähigkeit zu haben.
      Ich rechne es den Verantwortlichen mehr als hoch an, dass sie sich bis jetzt gegen den Schritt entschieden haben.

      Ich denke auch – und das finde ich wichtig – dass der Erlös der Namensrechte (so sie dann kommen) nicht in den Kader gesteckt werden (da macht die eine Million den Kohl tatsächlich nicht fett), sondern in die Steine investiert werden, also als Ablösung für diverse Kredite, Bürgschaften oder Sicherheiten, die hinterlegt sind. Dadurch wird dann über die Zeit deutlich mehr Kapital frei als durch z.B. 5 Jahre je 1 Mio, die dann in irgendeinen Spieler investiert werden.

      Idealistisch entscheiden ist übrigens nicht gleich Naivität. Wenn aber irgendwann das richige Angebot kommt, den Namen zu verkaufen, dann sehe ich das pragmatisch.

      • Naiv wäre meinetwegen, sich einzubilden Werder könne sich der kapitalistischen Logik des Fussballgeschäfts widersetzen. Da bin ich bei dir (glaube ich), wenn ich das als naiv ansähe. Aber der Verkauf der Namensrechte fällt für mich nicht in Kategorie „wettbewerbsfähig bleiben“, sondern eher in „noch den letzten Pfennig rauspressen“. Letzteres kann man meinetwegen mit dem Verkauf von Stramplern, Türvorlegern und Grillbesteck im Fanartikelshop machen, da stört es das Gesamtgebilde nicht. Aber beim Stadionnamen lege ich die Latte etwas höher, da muss es schon einen massiven Unterschied machen, um die Annahme des Angebots zu erwägen. Und den sehe ich ich bei den spekulierten Zahlen schon gar nicht, und auch meine persönliche Schwelle wäre da wohl nicht annähernd realistisch zu erreichen. Denn man müsste dem Verein ein (kleines Stück) seine(r) Integrität abkaufen, datt wird teuer.

  4. Naja, ist sehr sehr schwierig! Ein paar Millionen sind wohl nicht so schlecht! Bei den Fans wird es eh immer das Weserstadion bleiben! das Beispiel Köln zeigt es ja auch, dass es immer noch das Müngersdorfer Stadion ist. Wettbewerbsfähigkeit hin oder her!
    Wenn man sich schon verweigert, dann muss man sich auch gegen die verschiedenen Trikotsponsoren aufregen. Kik, RENO, Wiesenhof! Das sind ja jetzt auch nicht Firmen, die für Identfikation stehen.

  5. Pingback: Auf dem Boden der Tatsachen. | vert et blanc

  6. Pingback: A pre-season friendly (with #WERDER2013) | vert et blanc

  7. Pingback: A PRE-SEASON FRIENDLY (PT.2) | #werder2013

  8. Pingback: Stand your Ground | vert et blanc

Schreibe eine Antwort